Der irre Dreiklang von Apath, Empath und Soziopath
Ein Soziopath ist ein komplexer psychologischer Zustand, der von Forschern eingehend untersucht und beschrieben wurde. Ein wertvolles Werk dazu ist das Buch von Dr. Jane und Tim McGregor, *Addiction Today*.
Wir alle kennen Hans Christian Andersens Märchen "Des Kaisers neue Kleider": Darin versprechen zwei Betrüger dem Kaiser ein prächtiges Gewand, das nur von klugen Menschen gesehen werden könne. Niemand will als dumm erscheinen, also gibt jeder vor, das Kleid zu sehen. Nur ein Kind spricht die Wahrheit aus: "Aber er ist ja nackt!" So wie das Kind müssen wir bereit sein, den Soziopathen klar zu erkennen und zu benennen, auch wenn das oft unbequem ist.
Häufig neigen wir jedoch dazu, wegzusehen, Missbrauch hinzunehmen oder Vergehen zu rechtfertigen. Doch genaues Hinschauen ist der erste Schritt, um den negativen Einfluss eines Soziopathen einzudämmen. Die zerstörerische Macht, die Soziopathen ausüben können, ist vielfältig belegt; man denke nur an Deutschlands jüngere Geschichte.
Laut McGregor gibt es in diesem belastenden Dreiklang drei Rollen: den Apathen, den Empathen und den Soziopathen.
Der Apath – Der Mitläufer
Der Apath ist der Mitläufer, der sich die Gunst des Soziopathen sichern will. Er verhält sich neutral oder sogar gleichgültig gegenüber dem Empathen, der angegriffen wird. Der Apath zieht es vor, wegzusehen – er "sieht" nicht, dass der Kaiser nackt ist. Einem Apathen fällt es schwer, das Böse zu erkennen oder sich ihm zu stellen; er versucht stets, etwas Gutes in allem zu finden. Oft ist er auch zu sehr mit eigenen Angelegenheiten beschäftigt, um für das Richtige einzustehen. Sein Gewissen scheint im Schlafmodus. So folgen Apathen blind Politikern oder anderen Führungspersönlichkeiten, die vorgeben, für das Gemeinwohl zu handeln, jedoch aus Eigeninteresse agieren.
Der Empath – Der Feinfühlige
Der Empath hingegen ist sehr sensibel und wahrnehmungsfähig und gehört zu den etwa 40% der Bevölkerung, die intuitiv spüren, wenn etwas nicht stimmt. Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Empathie und emotionaler Intelligenz hin. Ein Empath versteht seine eigenen Gefühle, kann gut zuhören und mit anderen mitfühlen. Besonders einfühlsam erkennt er den emotionalen Schmerz anderer. In Büchern und Filmen werden solche Charaktere bewundert – im echten Leben hingegen stoßen sie oft auf Unbehagen und Widerstand. Der Empath, der sich für das Wohl und die Freiheit anderer einsetzt, wird in einem Umfeld von Apathen schnell isoliert und zum Einzelkämpfer. Indem er die Wahrheit ausspricht, dass der Kaiser nackt ist, zieht er den Zorn des Soziopathen auf sich und wird zu dessen Ziel.
Der Soziopath – Der Manipulator
Der Soziopath zeichnet sich durch skrupellose Manipulationen und die Missachtung der Menschenwürde anderer aus. Der Empath, der die Machenschaften des Soziopathen spürt und aufdeckt, wird zur Zielscheibe. Der Soziopath gewinnt Unterstützung von Apathen, die er durch Belohnungen oder Versprechungen auf seine Seite zieht. Oft werden Apathen für ihre Unterstützung mit Positionen, Vergünstigungen oder anderen Vorteilen belohnt. Am Ende sieht sich der Empath nicht nur dem Soziopathen gegenüber, sondern auch einer ganzen Gruppe von Apathen, die ihm entgegensteht. In gewisser Weise schließen die Apathen einen unbewussten "Pakt" mit dem Soziopathen, der ihnen ermöglicht, an seiner Seite Teil grausamer Taten zu werden. Der Soziopath richtet hinter einer Fassade enormen Schaden an und wird dennoch oft nicht zur Rechenschaft gezogen.
Der Zyklus von Apath, Empath und Soziopath
Der Zyklus dieses Dreiklangs läuft oft nach einem festen Muster ab: Der Empath bemerkt die schädlichen Taten des Soziopathen und weist darauf hin. Der Soziopath lenkt die Aufmerksamkeit sofort auf den Empathen und beschuldigt ihn, für den Missstand verantwortlich zu sein. Die Apathen folgen und verstärken den Angriff auf den Empathen. Der Ausgang ist schlecht für den Empathen, oft aber später auch für die Apathen, wenn sie entweder ihr Gewissen plagt oder sie selber Opfer des Soziopathen werden. Frustrierender Weise kommt der Soziopath oft ungeschoren davon. Der Soziopath hingegen geht meist ungeschoren davon, da seine Vorgehensweise erprobt ist und selten scheitert.
Soziopathen
gewinnen Apathen auf vielfältige Weise: durch Schmeicheleien,
Bestechung, Lügen und falsche Versprechungen.
Robert J.
